Tradition, Wandel, Perspektive – das neue Kapitel für Uhingens Industrie.
Uhingen – Marktanalyse: Wie viel Leerstand verträgt der Standort?
Stand: Oktober 2025
Region: Landkreis Göppingen
Fokus: Gewerbegrundstücke, Industrie-, Light-Logistik- und Büroflächen
Sonderaspekt: Auswirkungen der Insolvenzen Allgaier und Beuttenmüller sowie weiterer Bestandsangebote am Markt
1. Executive Summary
Der Uhinger Immobilienmarkt befindet sich in einer Phase struktureller Angebotsausweitung.
Gleich drei größere Areale – Allgaier (120.000 m² Grundstück / 85.000 m² BGF), Beuttenmüller (12.600 m² / 7.500 m²) und Siemensstraße 14 (14.800 m² / 5.200 m²) – kommen nahezu gleichzeitig auf den Markt.
Das erzeugt kurzfristig ein Flächenangebot von über 100.000 m² Hallen- und Büroflächen im Stadtgebiet.
→ Kernaussage: Der Markt kann diese Menge nicht sofort absorbieren, aber durch Teilnutzungen, ReUse-Konzepte und Preis-Differenzierungen können Überhänge mittelfristig integriert werden.
Eine aktive Positionierung und Clusterdifferenzierung ist entscheidend, um Preisverfall und Leerstandsrisiken zu vermeiden.
2. Wirtschafts- und Standortprofil Uhingen
- Einwohner: ca. 14.300
- Lage: B 10-Achse Stuttgart – Ulm; 5 km nach Göppingen
- Wirtschaft: geprägt durch Maschinenbau, Automotive-Zulieferung, Metall- und Elektroindustrie
- Infrastruktur: Bahnhalt Filstalbahn (Stuttgart–Ulm), direkter B 10-Zubringer, gute regionale Anbindung
Das Standortprofil bleibt grundsätzlich attraktiv, allerdings müssen Nutzungsvielfalt und Flächenqualität an neue Nachfrageformen (Light-Logistik, Technologie, ESG-konforme Nutzung) angepasst werden.
3. Angebotsüberhang durch Insolvenzen
3.1 ALLGAIER (Hauptareal ein ehemaliges Industrieareal „Single-Tenant-Objekt“)
- Fläche: 120.000 m² Grundstück, 85.000 m² Gebäude
- Insolvenz: eröffnet 1. September 2023
- Status: Vermarktungsstart erfolgt
- Potenzial: ReUse als Industrie-/Logistikcluster oder Tech-Campus
- Herausforderungen:
- Strukturelle & infrastrukturelle Herausforderungen
Erschließung & Zufahrten
- Zufahrtssituation:
Viele ehemalige Alleinnutzer-Areale haben nur eine Hauptzufahrt, die nicht öffentlich gewidmet ist oder über Drittgrundstücke führt.
→ Prüfen, ob Zuwegungsrechte (Dienstbarkeiten) gesichert sind.
→ Bei Aufteilung in Teilgrundstücke: eigene Erschließungsachsen oder Wendeflächen - Andienung:
Für neue Nutzer (z. B. Light-Logistik, Produktion) sind Tore, LKW-Radien, Traglasten, Rangierflächen oft unzureichend.
→ Nachrüstung oder Neuordnung von Andienungen (seitlich, rückwärtig) einplanen.
- Technische & bauliche Themen
- Gebäudeaufteilung / Teilbarkeit
- Ursprünglich auf einen Produktionsprozess ausgerichtet → unklare Gebäudeabschnitte, Brandschutztrennungen, Fluchtwege.
- Für Mehrfachnutzung müssen ggf. Brandschutzabschnitte neu erstellt, eigene Zähler und Zugangssysteme nachgerüstet werden.
- IT, Wasser, Druckluft, Sprinkleranlagen meist zentral geführt – hohe Kosten für Neuinstallation bei Teilvermietung.
Empfehlung: „Technische Entflechtung“ planen, vor allem elektrisch / IT / Gas / Wasser / Heizung / Brandmeldeanlage.
- Technische Due Diligence – Zustand & Altlasten
- Altlasten / Boden / Grundwasser
- Alte Industrieareale bergen oft Boden- oder Gebäudeschadstoffe (z. B. Öle, Lösemittel, Asbest, PAK, PCB).
Historisches Gutachten anfordern (Bauakten, Umweltberichte).
Falls nicht vorhanden: orientierende Bodenuntersuchung durchführen. - Bausubstanz & Energie
- Hohe Hallenhöhen oft positiv, aber Dämmung und Dachzustand kritisch.
- Energieeffizienz (U-Werte, Dachabdichtung, Heizsysteme) meist nicht ESG-konform.
→ PV-Nachrüstung prüfen, LED-Beleuchtung, Wärmerückgewinnung, neue Hallenheizungen. - Alte Dampf-/Heißwasserzentralen oder Kältemaschinen – ggf. nicht mehr nutzbar.
- Infrastruktur & Versorgung
- Energie / Wasser / IT
- Alle Versorgungen oft über eine Hauptstation (Trafo, Gas, Wasserhausanschluss).
→ Bei Teilvermietung: neue Unterzähler, ggf. eigene Hausanschlüsse - IT / Glasfaser:
Alte Areale sind häufig nicht gigabitfähig; bei modernen Mietern (Tech, Entwicklung, Logistik) ist Glasfaser Pflichtvoraussetzung.
→ Prüfen: Telekom, NetCom BW oder Stadtwerke, Glasfaser bis Gebäude (FTTB). - Druckluft / Sondermedien:
Bei Umnutzung entfallen technische Medien; Leitungen ggf. stillzulegen (Sicherheitsrisiko).
- Soziale & Service-Infrastruktur
- Kantine / Aufenthaltsräume / Sanitär
- Große Kantinen, Umkleiden, Sozialräume sind typisch für Alleinnutzer, aber schwer neu zuzuordnen.
→ Umnutzung in Gemeinschaftsräume, Showrooms, Konferenzflächen oder Gastronomie möglich.
→ Bei Teilung: entweder gemeinschaftlich (z. B. Betreiberlösung) oder separat vermieten. - Bei größerer Vermarktung: Betreiberkonzepte (Shared Canteen / Eventküche) können Mehrwert schaffen.
- Genehmigungs- & Nutzungsrechtliche Aspekte
- Bebauungsplan / Flächennutzung: Prüfen, ob aktuelle oder geplante Nutzungen (z. B. Logistik, Bildung, Labore, Events) zulässig sind.
- Lärmschutz / Emissionskontingent: Alte Produktionsnutzung erlaubt nicht automatisch neuen Lärmpegel bei 24/7-Betrieb.
- Denkmalschutz / Gestaltungssatzung: bei älteren Industriearealen (z. B. Böhringer, Allgaier) relevant.
- Brandschutz / ASR / Rettungswege: Häufig Nachrüstungspflicht vor Erstvermietung.
- Wirtschaftliche & Vermarktungsrisiken
- Nebenkostenstruktur: Alte Energieanlagen = hoher Verbrauch, geringe Effizienz → Mietnebenkosten überdurchschnittlich.
- Sanierungspflichten: Neue Eigentümer haften unter Umständen für bekannte Altlasten (Bodenschutzgesetz).
- Capex-Bedarf: Bei großen Beständen 150–350 €/m² für Basissanierung realistisch.
- Nachvermietungstempo: Industrie- & Logistikflächen dieser Größenordnung absorbieren sich oft über 12–36 Monate, nicht sofort.
- Strukturelle & infrastrukturelle Herausforderungen
3.2 Beuttenmüller GmbH – Kanalstraße 35
- Fläche: 12.600 m² Grundstück, ca. 7.500 m² Hallen- und Bürofläche
- Insolvenz: 2024, ca. 70 MA betroffen
- Status: Flächen werden aktiv am Markt platziert
- Mietpotenzial:
- Produktionshallen: 4,00 – 6,00 €/m²
- Büros: 6 – 10 €/m²
- Gesamt: Möglichkeit für Teilvermietungen an 2–3 mittelständische Nutzer
- Herausforderung: Kurzfristige Nachvermietung notwendig, sonst Leerstandsrisiko
3.3 Siemensstraße 14
- Grundstück: 14.800 m²
- Gebäude: ≈ 5.200 m² (Büro-/Gewerbeobjekt)
- Status: Bestand, ebenfalls am Markt verfügbar
- Lage: Gewerbegebiet, gute Sichtlage
- Potenzial:
- Repositionierung als Multi-Use-Objekt (Produktion + Büro + Showroom)
- Teilvermietung an Technik- oder Logistikdienstleister
5. Mietpreisspiegel (2025)
| Nutzungsart | Miete (€/m²) | Kommentar |
| Produktion / Halle | 4 – 7 | Bestände oft einfach; Ausbauzustand entscheidend |
| Light-Logistik / Lager | 4,5 – 7,5 | A8/B10-Anbindung relevant |
| Büro | 6 – 12 | City-Ränder, B10-Korridor |
| Einzelhandel / Fachmarkt | 8 – 18 | Sichtlagen, Parkplätze |
6. Nachfrage & Absorptionsfähigkeit
- Kurzfristige Nachfrage: begrenzt, da Zinsniveau hoch; Fokus auf Bestands-ReUse statt Neubau
- Mittelfristig:
- Light-Industrial-Nutzer aus Stuttgart-Peripherie suchen günstigere Flächen im Filstal
- Produktions-KMU mit Expansionsbedarf
- Logistik-Dienstleister / 3PLs für 2.000–6.000 m² Einheiten
- Langfristig: Ansiedlungspolitik (Stadt + Kreis) entscheidend – Kooperation mit Landkreis / Region Stuttgart empfohlen
7. Marktdynamik & Preisentwicklung
| Zeitraum | Miettrend | Kommentar |
| 2023–2024 | stabil / leichtfallend | Zinswende, Transaktionsrückgang |
| 2025–2026 | -5 % bis -10 % möglich | durch gleichzeitige Angebotsausweitung |
| 2027+ | Stabilisierung möglich | bei ReUse-Aktivierung & Teilvermietung |
8. Fazit
Uhingen steht 2025 exemplarisch für viele Mittelstädte im industriellen Umbruch:
Traditionsunternehmen verschwinden, aber sie hinterlassen wertvolle Bestandsflächen mit Infrastruktur, Energie- und Bahnanschluss.
Durch die gezielte Nutzung von Fördermitteln – etwa aus der Städtebauförderung Baden-Württemberg, dem KI-Cluster oder KfW-Programmen für energetische Sanierungen – und eine kluge Preisstrategie mit moderaten Anpassungen kurzfristig sowie Wertstabilisierung über energetische Upgrades mittelfristig kann der Standort Uhingen nachhaltig gestärkt und investiv attraktiv positioniert werden.
Mit einer koordinierten Strategie zwischen Kommune, Insolvenzverwaltern und Marktakteuren kann aus kurzfristigem Leerstand eine regionale Entwicklungschance entstehen.
„Leerstand ist kein Risiko – sondern ungenutztes Potenzial, wenn man ihn richtig positioniert.“
Hinweis & Haftungsausschluss:
Dieser Bericht basiert auf einer eigenen Marktanalyse von PROQUADRAT unter Einbeziehung öffentlich zugänglicher und privater Quellen. Die Angaben erfolgen ohne Gewähr auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Eine Haftung für Schäden, die aus der Verwendung der Informationen entstehen, wird ausgeschlossen.
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Ihr Michael Hutta
Gepr. Immobilienfachwirt
Gründer & Inhaber
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